Unternehmenswerte. Verändern sie etwas?
Transkript der siebten Episode des Mitstreiter-Podcast: Organisationsdesign für Höchstleistung im Vertrieb.
Hallo und herzlich Willkommen zur siebten Episode des Mitstreiter Podcast „Organisations Design für mehr Höchstleistung im Vertrieb“.
Heute habe ich wieder eine Hörerinnen Frage vorbereitet. Es geht in der Frage, die Melanie uns gestellt hat, um Unternehmenswerte und das Führungsleitbild des Unternehmens für das sie spricht.
Melanie stellt die Frage, weshalb diese Werte und das Leitbild nicht zu zünden scheinen, wo die Ursache liegen könnte. Und vor allen Dingen möchte sie gerne wissen, was die nächsten Schritte und die nächsten Möglichkeiten sind. Aber hören wir einfach in die Frage rein und danach gebe ich meine Antwort darauf.
Melanies Frage zu Unternehmenswerten und Leitbildern
Hi, Dennis. Melanie hier.
Mich würde folgendes interessieren. Und zwar haben wir uns in den letzten 2 bis 3 Jahren viel Zeit und Raum für unser Leitbild und die Unternehmenswerte genommen und beobachten aber aktuell, dass es irgendwie nicht richtig zündet. Das wird alles nicht so richtig gelebt.Was könnte ein guter nächster Schritt sein, die Werte und das Leitbild zum Leben zu erwecken? Danke dir.
Unternehmenswerte und Führungsleitbilder sind Wunschzettel
Auf so eine Frage pauschal zu antworten ist verdammt schwer. Dazu kenne ich die Bedingungen, die in eurem Unternehmen herrschen nicht gut genug, Melanie.
Was ich aber tun kann, um deine Frage so gut wie irgendwie möglich zu beantworten und dir die Gelegenheit zu geben, über eure Organisation nachzudenken und über Ursachen dafür nachzudenken, weshalb die Werte und das Leitbild auch nach 2 bis 3 Jahren immer noch nicht gelebt werden, ist, dass ich über Prinzipien, die für mich da drinstecken, spreche.
Ich beobachte immer wieder, dass das Aufschreiben von Unternehmenswerten und Führungsleitbildern eher so etwas ist, wie eine Wunschliste zu schreiben.
- So und so möchten wir gerne sein.
- Unsere Führungskräfte sollen so und so führen.
Damit bringen wir in erster Linie zum Ausdruck, was im Unternehmen heute noch nicht da ist. Und schreiben Wünsche nieder.
Jetzt habt ihr 2 bis 3 Jahre Energie investiert, um diese Werte und das Leitbild aufzustellen und zu versuchen, sie in das Unternehmen zu tragen und Menschen dazu zu bringen, diesen Wünschen zu entsprechen.
Und ihr erlebt, dass es nicht so richtig greift.
Appelle aufschreiben reicht nicht – Rahmenbedingungen sind entscheidend
Das liegt einfach daran, dass auch schon vor dem Aufschreiben der Dinge, die ihr im Unternehmen nicht habt, die Rahmenbedingungen und Strukturen nicht geeignet gewesen zu sein scheinen, um diese Werte zu erfüllen.
Jetzt gibt es zuallererst mal eine Frage, die ihr euch stellen müsst:
- Warum wünscht ihr euch denn überhaupt so und so zu sein?
Nehmen wir zum Beispiel den Wert „Wir handeln Unternehmerisch“.
Dient dieser Wert „Unternehmerisch handeln“ eurem Unternehmenszweck, nämlich Geld verdienen und den Markt (optimal) zu bedienen? Also dient der Wert „Unternehmerisch handeln“ der Wertschöpfung?
Das wäre die erste Frage, die ich mir an deiner Stelle stellen würde.
Braucht ihr die Werte, die ihr propagiert, wirklich, um erfolgreich zu sein, um erfolgreich wertzuschöpfen?
Du wirst wahrscheinlich Werte identifizieren, die eher nicht in diese Kategorie passen. Und andere Werte, da werdet ihr davon überzeugt sein: Das brauchen wir.
Bei den Werten, von denen ihr nicht so überzeugt seid, werdet ihr vielleicht auch beobachten, dass die eher so etwas wie eine soziale Hygiene befriedigen.
Das passiert bei Führungsleitbildern noch sehr viel häufiger, dass man irgendwie mit einem Führungsleitbild versucht, den Mitarbeitenden etwas Gutes zu tun.
Also Führungskräfte sollen so und so und so führen, damit Mitarbeitende sich besser fühlen. Aber es dient nicht der Wertschöpfung, denn sich gut fühlen und glücklich sein ist nicht automatisch per se Voraussetzung dafür, erfolgreich wertzuschöpfen.
Also bei den Dingen, die du aussortiert, kannst du dich fragen:
„Haben wir das vielleicht gemacht, um einer gewissen sozialen Hygiene zu folgen?“
Das verrät schon sehr viel. Auch über das, „wie“ ihr seid. Darum ist es wertvoll, da ein bisschen drüber nachzudenken.
Dann hast du noch Werte und Teile des Leitbildes, wo du sagst „Okay, wenn wir das so und so machen oder wenn wir diesen und diesen Wert leben, dann werden wir höchstwahrscheinlich erfolgreicher.“
Jetzt geht es darum, dass du dir Gedanken machen musst.
„Wie Schaffen wir es denn, dass sich so etwas oder so etwas Ähnliches im Unternehmen etabliert?“
Da gibt es keine pauschale Antwort. Und es gibt auch für dein Unternehmen nicht die eine Antwort, die automatisch richtig ist, sondern es ist ein bisschen anders ist.
Flippen, Irritieren oder Provozieren
Kein Ausprobieren, Ausprobieren mag ich nicht.
Nils Pfläging und Silke Hermann nennen das in ihren Büchern „Flippen“. Man könnte es auch “Irritation” oder “Provokation” nennen. Das heißt, wir beschließen eine Maßnahme, führen diese aus und führen damit eine Veränderung herbei. Dann beobachten wir, was passiert. Und das, was passiert, muss nicht unbedingt genau das sein, was wir erwartet haben.
Wir können es aber auch nicht zurücknehmen und darum ist es kein ausprobieren und wieder rückgängig machen, sondern es ist auf jeden Fall eine Veränderung, die im Unternehmen passiert.
So kann es zum Beispiel sein, dass ihr den Wert „Wir handeln Unternehmerisch“ in eure Werte geschrieben habt. Das ist wahrscheinlich sogar so, denn das ist einer der beliebtesten Werte, die ich auf den Webseiten diverser Firmen in meiner Recherche für meine Vertriebsarbeit immer wieder lese.
Also: „wir handeln Unternehmerisch“.
Jetzt könntest du überlegen oder ihr solltet gemeinsam überlegen, was von dem, was ihr heute im Unternehmen an Praktiken und Strukturen habt verhindert unternehmerische Entscheidungen der Mitarbeitenden.
Zum Beispiel könnte es sein, dass ihr eine Reisekosten-Richtlinie habt, die die freie Entscheidung für Mitarbeitende
- wie sie reisen,
- wann sie reisen,
- mit welchem Verkehrsmittel sie reisen,
- zu welchen Kosten sie übernachten
- und so weiter
einschränkt.
Man muss sich nicht wundern:
Wenn man Unternehmerische Freiheiten in die Werte schreibt und dann durch Praktiken unternehmerisches Handeln stellenweise unterbindet, wird unternehmerisches Handeln ausbleiben.
Es ist nun einmal so, dass Rahmenbedingungen Verhalten erzeugen.
Auch eine vorhandene Budgetplanung kann unternehmerisches Handeln verhindern.
Denn letztendlich heißt Budgetplanung, dass irgendwer
- ein Gremium,
- Führungskräfte,
- die Geschäftsführung,
- das Controlling,
- whatever
am Anfang des Jahres oder zweimal im Jahr zum Halbjahresbeginn, entscheidet, welches Budget für welche Tätigkeiten, Aufgaben und Funktionen im Unternehmen zur Verfügung steht.
Jetzt passiert im Wertschöpfungs-Alltag irgendetwas, das eigentlich eine unternehmerische Entscheidung bedingen würde, die gegen diese Budgetplanung verstößt. Und selbst wenn ihr jetzt einen Ausweg habt und sagt
„Ja, Mitarbeitende, die so etwas bemerken, sollen zu ihren Vorgesetzten gehen und darüber reden.“
schränkt ihr damit unternehmerisches Handeln ein.
Praktiken putzen um nicht appellieren zu müssen
Was könnt ihr stattdessen tun?
Ihr könntet über so etwas wie das Wegnehmen von Hindernissen nachdenken. Ich nenne das Praktikenputz oder Organisationshygiene
Das bedeutet nichts anderes, als sich alle Praktiken zu schnappen, die man so hat und die man vielleicht mit der Verhinderung des Wertes „unternehmerisch Handeln“ in Verbindung bringt und dann darüber nachzudenken.
- Was machen wir denn mit der Praktik?
- Schaffen wir sie ab?
- Was passiert, wenn wir sie abschaffen?
- Müssen wir sie durch etwas anderes ersetzen?
Ich habe dazu ein Videotraining erstellt.
Du findest es hier unter dem Titel „Die besten Denkwerkzeuge und Hilfsmittel der erfolgreichsten Vertriebsmannschaften der Welt“.
Sieh es dir an, dann weißt du ein bisschen besser, was ich mit dem Thema „Praktikenputz“ meine.
Das ist das Erste: Organisationshygiene. Also die Dinge wegnehmen, die die „Erfüllung“ der Werte, die ihr für wichtig erachtet und von denen ihr glaubt zu wissen, dass sie wichtig sind, um erfolgreicher wertzuschöpfen, durchleuchtet und Entscheidungen dazu möglich macht.
Die zusätzliche Gefahr von Führungsleitbildern
Wir kommen schon zum Ende dieser Episode, aber ein paar Worte zum Thema Führungsleitbild habe ich noch.
Führungsleitbilder sind auch eine Wunschliste.
„Unsere Führungskräfte sollen so und so sein.“
Ich habe schon gesagt, sie erfüllen sehr oft eher so etwas wie sozialhygienische Ansprüche, als dass sie wirklich der Wertschöpfung dienen. Es kommt aber noch ein Punkt hinzu, den ich für absolut wichtig halte:
Führungsleitbilder führen oft zu Verhalten von Führungskräften, das der Wertschöpfung schadet. Nicht weil die Führungskräfte der Wertschöpfung schaden wollen, sondern weil ein Führungsleitbild, ein ganz starker Rahmen, eine ganz starke Struktur, eine ganz starke Praktik ist, die das Verhalten der Führungskräfte beeinflusst.
Nehmen wir ein Beispiel: „Wertschätzend führen“
In sehr vielen Unternehmen führt ein solches Leitbild dazu, dass wohlwollende Feedback-Praktiken eingeführt werden, das Lob und Anerkennung verteilt werden durch Führungskräfte usw.
Ich halte so etwas für schädlich für die Wertschöpfung, weil es das Handeln der Mitarbeitenden auf die Führungskräfte ausrichtet und vom Markt ablenkt.
Führungskräfte sind aber eben nicht diejenigen, die immer und zu jeder Zeit ganz genau wissen, was für den Markt wichtig ist. Das heißt, wenn eine Führungskraft Lob verteilt, dann bezieht sie darin auch immer interne Aspekte ein. Also die Zufriedenheit des eigenen Vorgesetzten, zum Beispiel.
Der Gedanke: “Ich bin selber gelobt worden für die Arbeit eines Mitarbeiters, also lobe ich weiter, weil ich habe ja Lorbeeren erhalten, die verteile ich weiter.“
Viel besser wäre es, wenn ihr Führungsleitbilder hättet, die dazu führen, dass Mitarbeitende sich auf den Markt ausrichten können. Dass also Lob, Anerkennung und Feedback vom Markt kommt und nicht von der Führungskraft.
Dazu habe ich den Artikel “Lob und Anerkennung und Feedback als Führungskraft” geschrieben. Darin gehe ich noch mal etwas näher drauf ein und gebe weitere Hinweise.
Melanie, ich danke dir für deine Frage. Großartig!
Ich könnte noch eine Viertelstunde oder länger drüber reden und vielleicht mache ich das auch in einer der weiteren Episoden. Für jetzt soll aber erst mal Schluss sein.
Ich hoffe, du hast ein paar Anregungen mitnehmen können. Und auch ihr anderen Hörerinnen und Hörer habt hoffentlich ein paar Anregungen mitnehmen können, wie ihr über Unternehmenswerte und Leitbilder einmal anders nachdenken könntet.
Fragen?
Malte dir nochmal danke für die Frage. Und an alle anderen Zuhörerinnen und Zuhörer:
Stell mir gerne deine Frage.
Per WhatsApp Sprachnachricht an 01579 / 248 94 74
Oder über meine Webseite.
Oder geht zu Anchor.fm auf meine Podcast Profilseite.
Dort hast du auch die Möglichkeit eine Sprachnachricht aufzunehmen und einzureichen, sodass ich sie dann in einen der nächsten Podcasts schneiden kann um dir deine Frage hier in der Episode zu beantworten.
Der Bonus für alle Fragesteller:innen
Als kleiner Bonus für jede:n von euch, der oder die eine Frage einreicht, habe ich für die nächsten Wochen, bis das ganze stabil angelaufen ist, ein Geschenk.
Ich möchte jedem und jeder, die eine Frage einreicht, 3 Mal 30 Minuten Organisationsdesign-Sparring mit mir schenken.
Das heißt: Wir nehmen deine Frage und gehen in 3 Mal 30 Minuten sehr tief in das Thema. Wir analysieren, wie es zu der von Dir beobachteten Problemstellung kommen kann, welche Kultur in eurem Unternehmen herrscht, die dazu führt, dass bestimmte Verhaltensweisen auftreten und begeben uns auf die Suche nach echten Lösungen für das gefundene Problem.
Also dreimal 30 Minuten OrgDesign-Sparring mit mir Geschenkt. Für jeden, der eine Frage einreicht, die ich dann auch hier im Podcast behandle.
Jetzt bleibt mir nur noch, dir einen großartigen Tag zu wünschen.
Viel Spaß bei allem, was du tust und viel Erfolg beim Verkaufen. Beim Arbeiten. Beim Lösen echter Probleme.
Happy Selling.
Fragen und Antworten rund um Unternehmenswerte
Welche Unternehmenswerte gibt es?
Diese Frage lässt sich nicht vollumfänglich beantworten. Denn der Fantasie von Unternehmen bzw. derjenigen die sich in Unternehmen dazu entschließen Unternehmenswerte zu definieren, sind keine Grenzen gesetzt.
Der häufigste “Wert” der mir bei meiner Arbeit begegnet dürfte Wahrscheinlich etwas in der Art von “Wir handeln Unternehmerisch” sein. Dicht gefolgt von “Wir respektieren uns gegenseitig”.
Weitere Beispiele für Unternehmenswerte:
– Qualität
– Nachhaltigkeit
– Innovationskraft
– Kundenfreundlichkeit
– Zuverlässigkeit
– Integrität
– Offenheit
Was sind Werte in einem Unternehmen?
Unternehmenswerte werden auch als Grundprinzipien, die festlegen, wie ein Unternehmen an das Thema Arbeit, Zusammenarbeit und Wohlbefinden der Mitarbeiter herangeht, definiert.
In erster Linie sind sie aber oftmals mehr Wunschliste als alles andere.
Schreibt ein Unternehmen sich in einem aufwendigen Prozess Werte auf die Fahnen, stehen dort am Ende nicht selten genau die Dinge, die im Unternehmen vermisst werden.
Ist zum Beispiel der Wert “Wertschätzung” auf der Liste, beobachtet man häufig, dass der Umgang miteinander wenig wertschätzend ist. Steht der Wert “Unternehmerisch handeln” auf der Liste, zeigt sich oft wenig Entscheidungsfreude und Risikobereitschaft.
Warum sind Unternehmenswerte wichtig?
Zynisch könnte ich sagen: Weil damit viele Berater sehr viel Geld verdienen.
Weniger Zynisch aber genau so ehrlich, antworte ich mit: Sie sind nicht wichtig.
Das Gegenteil ist der Fall.
Unternehmenswerte nutzen gar nichts. Sie sind Verschwendung wertvoller Zeit und Arbeitskraft. Und sie verursachen Zynismus im Unternehmen.
Was ist die Alternative zu Unternehmenswerten?
Arbeit an den Strukturen und Praktiken deines Unternehmens.
Willst du mehr Unternehmerisches handeln?
Dann entferne alles was dieses handeln verhindert.
Willst du mehr Vertrauen?
Dann frage dich, was aktuell Vertra
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